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Quergedacht und Mitgemacht

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Eine erste Bilanz.

Obwohl die Querdenker-Demo auch für Plaste ein willkommener Gag-Steinbruch war, frage ich mich doch seit einer Woche was es mit diesem verrückten Amalgan aus Rechtsradikalen, Spiessern (aka bürgerlicher Mitte) und Eso-Freaks auf sich hat. Dazu habe ich mich auf Diskussionen mit Querdenkern eingelassen und habe in der Berichterstattung kluge und unkluge Beiträge gelesen. Also let’s go.

Was es ist

Die Bewegung darf man sicher als „rechtsoffen“ bezeichnen. D.h. Rechts darf mitmarschieren, solange alle brav bleiben und sich die Haare kämmen. Es gab weder im Vorfeld noch im Nachgang eine klare Distanzierung zu den Teilnehmer der Identitären Bewegung, dem III Weg oder der AfD. Im persönlichen Austausch wurde ich interessanterweise gern darauf hingewiesen, dass die Rechten ja gar nicht teilgenommen hätten Dies sei eine Erfindung der Medien.

Martin Sellner, Boss der Identitären Bewegung schrieb dazu „„Um es klarzustellen: die Mehrheit der Teilnehmer an den “Querdenker”-Demos ist weder explizit rechts noch migrationskritisch. Sie ist aber eindeutig „rechtsoffen“ und das bedeutet …bereits die Welt.“ Man sieht also, Rechts ist durchaus „Querdenkeroffen“

Was es nicht ist

Ich halte diesen heterogenen Haufen nicht für autokratisch, nationalistisch wie die PEGIDA Bewegung. Mein persönlicher Austausch ist meistens so verlaufen, dass Querdenker eine größere Offenheit in der Diskussionskultur fordern. Im Nachgang aber eine ziemlicher Argumentationsschlonz folgt. Es geht meistens um ein kaputtes System, Untergangsphantasien, unterdrückte Bürger und eine drohende Einschränkung der Freiheit. Auf Gegenargumente hört man häufig, dass man sich ja nicht richtig informiere und zuhöre etc. Das ganz fühlt sich dabei immer ein wenig narzisstisch verkrampft und wenig tolerant an.

Die gemeinsamen Narrative

Die erzählten Geschichten stellen den gemeinsamen Nenner zwischen Querdenkern, Esoterikern und Rechtsradikalen dar. Schauen wir uns doch die drei wichtigsten an.

Medienverachtung

A und O jeder autoritären Bewegung oder Initiative ist die Ausschaltung einer kritischen Berichterstattung. Wobei sich hier der Hund in den Schwanz beisst. Gerade Querdenker sollten per se die vielfältige Presselandschaft eigentlich nutzen um ihren Horizont zu erweitern. Dieser wird jedoch bewusst verengt um Kritik auszublenden. Mit diesem Problem bin ich mehrfach konfrontiert worden, besonders in Bezug auf die Demo in Berlin. Alles unangenehme, z.B. die Reichskriegsflaggen und Neonazis wurden komplett einer tendenziösen Presselandschaft untergeschoben. Selbstredend sind dies staatlich gelenkte Medien.

Querdenker, Neonazis und Esoteriker haben in ihren Narrativen einen gemeinsamen Nenner. Eine weitere „rechtsoffene“ Aufweichung des Bürgertums ist befürchten.

Elitenverachtung

Schuld an Allem sind „die da oben“. Und besonders in Persona Angela Merkel. Wobei eine solche Kritik bei einer Regierung ja auch angemessen sein kann. Was übersehen wird ist, dass die Mehrheit der Deutschen genau dies so will und dazu alle vier Jahre Wahlen stattfinden. Die Regierung wird mit einem Verbrechersystem gleichgesetzt, auf das persönliche Rachephantasien gespiegelt werden. Die große Abrechnung – irgendwann – ist das Druckventil für die empfundene Machtloskeit. Und sicher auch willkommene Ausrede nicht selbst die Verantwortung übernehmen zu müssen. Als Sündenbock taugt eigentlich jeder, der eine andere Meinung hat ob er nun Christian Drosten oder Dunja Hayali heißt.++

Eso-Affinität und Wissenschaftsablehnung

Wieso einem Wissenschaftler glauben, wenn der Typ auf YouTube mir erzählt, dass ich gar keine Maske brauche und außerdem „die da oben“ uns damit versklaven wollen. Es gibt hier einige gemeinsame Nenner: der Wunsch der Rückkehr zum einfach erklärbaren Leben, zum nationalen Ursprüngen, natürliche Heilung, spriritueller Eskapismus und die Verdammung der Moderne. Das vereint viele Neunazis mit esoterischen Gruppen ohne das diese persönliche Berühungspunkte hätten. Interessant ist auch, dass viele Teilnehmer eher mittleren Alter waren, also in den 70er und 80er Jahren sozialisiert wurden. Hier spielt sicherlich auch eine zunehmende Orientierungslosigkeit in der Welt von 2020 eine Rolle. ++

Wie geht’s weiter

Ich persönlich glaube nicht, dass sich hier eine neue Nazi-Hippie Bewegung bilden wird. Zum einen definieren sich die Neurechten über gesellschaftliche Ausgrenzung und Rassismus. Zum anderen verorten sich viele der Querdenker kulturell eher in der linksliberalen Ecke. Aber eine Aufweichung des Bürgertums für „rechtsoffene Ideen“ über die beschriebenen Narrative ist durchaus zu befürchten. Und ich habe mich auch schon oft geirrt. Vor allem wenn ich sowas wie den gesunden Menschenverstand in meine Überlegungen mit einbezogen habe.

Der Beitrag Quergedacht und Mitgemacht erschien zuerst auf Plaste.


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